Sind die Rams kaputt?

Ich weiß, es ist kein schönes Gefühl, wenn das eigene Team verliert. Mir geht es genau so. Es fällt besonders schwer, im Grunde, seit dem Sean McVay unser Headcoach ist, sich mit Niederlagen herum zu schlagen, weil man mit vielen Siegen verwöhnt wurde. Aber auch Niederlagen gehören zu diesem Sport und vorallem zum Fan-Sein dazu. Wenn man ein objektiv beurteilender Fan sein möchte, gehört noch etwas mehr dazu: Nämlich, die Fanbrille abzunehmen und die aktuellen Probleme anzusprechen und zu analysieren, zumindest ist das bei mir der Fall.
Das, was wir aktuell zu sehen bekommen ist schlecht und unattraktiv, da muss man nicht um den heißen Brei herum reden. Die Probleme ziehen sich wie ein roter Faden durch die fünf Saisonspiele.

Als Matthew Stafford bei einem der insgesamt fünf Sacks gegen die Dallas Cowboys auf dem Boden lag, fragte ich mich: Ist es das, was man seinem Franchise Quarterback antun möchte?
Angefangen von wichtigen Abgängen (Andrew Withworth retired, Austin Corbett zu den Panthers), Verletzungen die ein Team auch irgendwann nicht mehr abfangen kann und mit Sicherheit auch noch die persönliche Leistung einiger Spieler.
21 Sacks in fünf Spielen! 19 Sacks in den letzten drei Spielen. Fünf Spiele, fünf unterschiedliche Starting O-Lines. Fünf Spiele, neun verschiedene O-Liner. Das sind Zahlen, bei denen sich auch ein Star wie Patrick Mahomes schwer tun würde, sein Spiel zu spielen.

Dass Matthew Stafford dann komische Entscheidungen trifft, ist unter diesen Bedingungen normal. Die O-Line ist ein großes Problem, welches dringend behoben werden muss. Mir fehlt aktuell die Idee, wie das am besten klappen soll. Ein Trade für einen O-Liner? Okay. Aber was kann ein neuer O-Liner ausrichten in einem so wackligen Gerüst, der sich selbst erst im neuen Team finden muss? Im Nachhinein ist es natürlich immer leicht gesagt, dass man einen Draftpick falsch investiert hat. Und es ist leicht auf das Front Office zu zeigen. Aber bei WR Tutu Atwell trifft das leider zu. Beim 2021er Draft hatten nicht wenige Rams Fans die Hoffnung, dass die Rams einen ihrer beiden frühen Picks in die O-Line investieren. Als die Rams an Stelle von C Creed Humphrey (Kansas City Chiefs) Tutu Atwell auswählten, gab es zurecht kritische Stimmen. Vorallem weil Tutu Atwell erst im Spiel gegen die Cowboys seinen ersten NFL Catch gemacht hat.

Darüber hinaus muss man sagen: Die O-Line ist wahrlich nicht das einzige Problem, aber es zieht sich durch alles, was die Rams tun. Alles fängt mit dem Druck an, der auf sie ausgeübt wird. Eine auf Progression und Timing ausgelegte Offense kann nicht in Gang kommen, wenn der Quarterback kein Timing hat und sich nicht bewegen kann. Zu oft bleibt die Offense stecken, zu oft vorallem in der Red Zone. Auf ohnehin engem Raum steht jeder Defensivespieler näher an der umkämpften Line.
Selten gibt es während einer NFL-Saison etwas wie völlige Kontinuität in einem Team. Jeder Teamaufbau plant zwischen Kontinuität, der zweiten Garde und dem GAU. Und die O-Line der Rams befindet sich in einer mittleren Kernschmelze. Man kann allerdings erst nach Woche 17 mit Sicherheit sagen, dass die Rams nicht in den richtigen LT investiert haben. Und zum weiteren Teil der Katastrophe gehört auch, dass kein Team auch nur im Ansatz darauf vorbereitet ist, in fünf Wochen drei RG und drei C zu verlieren.

Doch grundsätzlich ist es nicht nur die O-Line, die nicht gut ist. Mein persönliches Gefühl ist es, dass die Rams seit dem Super Bowl und der Verletzung von OBJ nicht mehr in Fahrt kommen. Im Super Bowl war es nur eine Halbzeit, in dieser Saison ist es bis jetzt jedes Spiel. Man hofft, dass Cooper Kupp schon irgendwie ein Big Play machen und dem Team den Arsch retten wird.


Laufspiel? Was ist das? Cam Akers ist für mich aktuell kein RB1! Die Tendenz, dass es besser wird, sehe ich persönlich (leider) nicht. Das Laufspiel funktioniert im Grunde nur, wenn WR Ben Skowronek in seiner neuen Rolle als Fullback und Lead Blocker vorweg läuft. Allen Robinson ist bisher überhaupt kein Faktor. Es sind zu viele Puzzleteile, die aktuell einfach nicht zusammen passen.
Den Rams fehlt WR Van Jefferson enorm. Ein zuverlässiger und vielseitiger Speed Threat Receiver der hoffentlich nach der Bye Week wieder zurück kommen sollte. Skowronek als Fullback war und ist eine hervorragende Idee von McVay, sie zeigt, dass er sich stetig damit befasst, das Spiel zu verbessern und zu vereinfachen. Aber aktuell reichen diese Maßnahmen nicht aus, um Siege zu holen.

Die Rams können nicht einfach da sitzen, über das kommende Spiel gegen die Panthers und die Bye Week in der darauffolgenden Woche nachdenken und hoffen, dass dasnach alles wieder gut ist. Die Bye Week letzte Saison hat dem Team nicht viel gebracht. Anpassungen und Antworten müssen schneller kommen.
Ich bin weit davon entfernt, diese Mannschaft abzuschreiben, dafür sind die individuellen Spieler zu gut und dieser Sport zu unberechenbar. Es müssen aber trotzdem schnelle Veränderungen her. McVay und Snead kennen die Probleme, sie sind viel zu offensichtlich, um sie zu ignorieren. Sie werden eine Lösung finden, da bin ich mir sicher. Ab jetzt heißt es, von Spiel zu Spiel zu denken. Gegen die Panthers muss ein Sieg her, um nicht noch weiter ins Hintertreffen zu geraten. Nach der Bye Week folgt der Angstgegner, die 49ers. Man muss wieder die Spielkultur finden, die die Rams letztes Jahr ausgemacht hat.
Das gesamte Team ist kein Team, das in den nächsten Wochen und Monaten untätig sein wird, wenn es darum geht, Personalentscheidungen zu treffen. McVay redete nach der Niederlage gegen Dallas davon, dass man Stafford mehr helfen müsste. Mit besser passenden Spielzügen, besserer Pass Protection, mehr Zeit zum Werfen. Denn Hilfe bedeutet nicht, Stafford immer wieder vom Boden aufzuhelfen. Und wieder. Und wieder. Und wieder.

Und wenn wir Fans nicht dran glauben, kann es auch nichts werden. Also, Kopf hoch, weiter dran glauben, und nicht vergessen:

DAS IST UNSER TEAM, DAS SIND UNSERE SPIELER, DAS IST UNSER HOUSE!
RAMS HOUSE!

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